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Beitrag vom 27.03.2010
Federmentsh - Lider fun Yidishland
Sarah Ross
Andrea Pancur, die Grande Dame des jiddischen Liedes, präsentiert sich mit ihrem Album Federmentsh erstmals als Solokünstlerin. Erschienen bei Globalistas.
Die Sängerin Andrea Pancur ist in der deutschen Klezmer-Szene vor allem als Mitbegründerin und Bandmitglied des Sextetts Massel-Tov (1994 gegründet) und seit 2008 auch durch die Zusammenarbeit mit dem Kölner Trio A Tickle In The Heart bekannt. Mit ihrem neuen Album "Federmentsh – Lider fun Yiddishland" präsentiert sich Andrea Pancur nicht nur als Solokünstlerin, sondern vielmehr auch als musikalische Literatin. Begleitet wird die Sängerin von bekannten MusikerInnen wie Alan Bern (Klavier), Georg Brinkmann (Klarinette), Franka Lampe (Akkordeon) und vielen anderen. Erschienen ist die CD im November 2009 zu den 23. Münchener Jüdischen Kulturtagen bei Globalistas.
Der jiddische Begriff "Federmentsh" bezeichnet einen Literaten und erinnert zugleich an "jene innerlich reichen Luftmenschen, die in selbst errichteten Traumschlössern leben und das reale Dasein allzu oft als Nebensächlichkeit empfinden", wie es die Sängerin in ihrem Booklet beschreibt. Die Idee des Federmentschen geht aber gleichzeitig auch mit der Vorstellung des goldenen Pfauen einher. Es heißt, dass der jüdische Wundervogel seine goldenen Federn vor Liebenden und Träumern fallen lässt, welche die Menschen zu künstlerischem Schaffen inspirieren. Solch eine Feder scheint auch vor Andrea Pancurs Füßen gelandet zu sein. So singt sie nicht nur von Tagträumen, gefallenen Mädchen, SchulschwänzerInnen, von flüchtiger Liebe und traurigen Trennungen und vielem mehr, sondern erlebt, durchlebt, -liebt und -leidet ihre Lieder, was "Federmetnsch" zu einer überzeugenden und authentischen Aufnahme macht.
Was Andrea Pancurs Soloalbum weiterhin zu einem besonderen Album macht ist, dass die meisten jiddischen Lieder auf ihrer CD Werke von KünstlerInnen des 20. und 21. Jahrhunderts sind. So stammen die Liedtexte aus der Feder von DichterInnen wie Itzik Manger (1901-1969), Anna Margolin (1887-1952), Meir Kharats (1912-1983), Abraham Sutzkever (geb. 1913) oder Aharon Zeitlin (1899-1973, die zur Musik des Tschernowitzer Komponisten Leibu Levin (1914-1983), des moldawischen Sängers und Komponisten Efim Chorny (geb. 1959), der Londoner Klarinettistin Emma Stiman (geb. 1975) oder der Sängerin und Liedermacherin Evgenya Lopatnik (geb. 1977) gesungen werden.
AVIVA-Tipp: Mit ihrer CD "Federmentsh – Lider fun Yidishland" macht Andrea Pancur nicht nur auf sich selbst, als Solokünstlerin, aufmerksam. Vielmehr macht sie den Hörern und Hörerinnen auch ein zeitgenössisches jiddisches Liedrepertoire zugänglich. Durch die Auswahl ihrer Lieder und deren modernen Interpretation "entstereotypisiert" sie das jiddische Liedgut, das hierzulande oft auf die Musik der "alten Welt", das Lied des osteuropäischen Shtetels, reduziert wird. Im Gegensatz dazu vermag Andrea Pancur das jiddische Lied in Musikkultur der "neuen Welt", in das Hier und Jetzt, zu integrieren.
Zur Künstlerin: Andrea Pancur studierte Anglistik und Geschichte an der LMU in München. Ihre Gesangsausbildung erhielt sie bei Maria Collien, Renate Glaser, Naomi Isaacs und Ingrid Zacharias. 1994 gründete sie das Klezmer-Sextett Massel-Tov, dem sie bis 2008 angehörte. Von 2003 bis 2008 war sie die Sängerin des Weltmusikquartetts Bappa E Zittu. Aktuell arbeitet Andrea Pancur an einem Gemeinschaftsprojekt zusammen mit dem Kölner Trio A Tickle in The Heart sowie am "Das Schostakowitsch Projekt" mit dem modern klezmer quartet.
Weitere Informationen unter: www.andrea-pancur.de
Andrea Pancur
Federmentsh – Lider fun Yidishland
Globalistas Records, VÖ November 2009
www.globalistas.de